„Keine exotischen Wildtiere in städtischen Gebäuden und auf städtischen Flächen“ - einstimmig angenommen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Sitzung des Rates am 08.11.2018

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

die Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN bittet Sie folgenden Antrag in die Tagesordnung zur Ratssitzung aufzunehmen:

Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt Kreuztal möge beschließen, dass stadteigene Gebäude und Flächen nicht für die Ausrichtung von sog. Reptilienbörsen und Ausstellungen lebender Wildtiere zur Verfügung gestellt werden und dass kommunale Flächen nur an Zirkusbetriebe vermietet werden, die keine exotischen Wildtiere mitführen. Hierunter fallen insbesondere Elefanten, Flusspferde, Giraffen, Großbären, Großkatzen, Wölfe, Nashörner und Primaten ab Makakengröße. Mit der Beschränkung soll den Gefahren, die mit der Haltung dieser Tierarten in mobilen Einrichtungen einhergehen, Rechnung getragen werden.

Begründung:
Am 09.09.2009 hat der Rat der Stadt Siegen und am 16.03.2018 der Kreistag mehrheitlich beschlossen, dass in städtischen und kreiseigenen Einrichtungen, Gebäuden und Flächen aus Gründen des Tierschutzes Präsentationen (Ausstellungen, Märkte, Börsen etc.) von exotischen Tieren, insbesondere Reptilien, Amphibien und Spinnentieren, zukünftig nicht mehr stattfinden. Bestehende Widmungen öffentlicher Einrichtungen wurden entsprechend eingeschränkt. Wir möchten dafür werben, diesem Beispiel zu folgen und die Tierschutzbemühungen zu unterstützen.

Laut Bundesamt für Naturschutz (BfN) stiegen die Importzahlen exotischer Tiere in den letzten Jahren um 45 Prozent an - die nicht zu unterschätzende Dunkelziffer auf Grund illegaler Importe solcher Tiere nicht mitgerechnet, denn durch die europäische Osterweiterung hat sich ein enormer illegaler Tierhandel entwickelt. Deutschland gehört inzwischen zu den größten Absatzmärkten für Wildtiere. Der Handel läuft oft nicht mehr über spezialisierte Zoofachgeschäfte, sondern über die in den Städten abgehaltenen Reptilienbörsen. Die Gefahren, die von ausgesetzten oder entlaufenen, teils sehr giftigen Tieren ausgehen, nehmen rapide zu und Giftnotzentralen schlagen mittlerweile Alarm. Hessen hat als erstes Bundesland reagiert und im Oktober 2007 ein Gesetz erlassen, das die Haltung gefährlicher exotischer Tiere verbietet. Das Schicksal der für den Zoohandel oder für Tierbörsen gefangenen oder in Massenzuchtanlagen gezüchteten Tiere sieht so aus: Die Tiere kommen als Massenware zu Hunderttausenden jedes Jahr z.B. aus Mittelamerika zu uns, nur um in einem Terrarium eingesperrt, den Rest ihres Lebens in Gefangenschaft zu verbringen. Auch in Tschechien oder Polen tummeln sich Züchter, die nur eines wollen: In Deutschland auf Tierbörsen Geld mit der Ware Tier zu verdienen. Immer ausgefallener, exotischer, gefährlicher, giftiger sollen die Tiere sein. Die sog. fachkundigen „Liebhaber“ sowie unerfahrene Neulinge decken sich auf diesen Reptilienbörsen mit Schlangen, Skorpionen, Schildkröten, Echsen, Spinnen, Chamäleons, Fröschen, Salamandern und anderen „Terrarientieren“ ein – viele Arten sind zu Spottpreisen zu erwerben. Einige Tiere werden durch ihr enormes Wachstum zur ungeahnten Last. In der Folge häufen sich die Meldungen über herrenlos aufgegriffene Riesenschlangen, die von ihren überforderten Besitzern in freier Wildbahn entsorgt wurden. Nicht nur vergleichsweise harmlose Tiere landen so in der Freiheit: von Schnappschildkröte über Kaiman und Giftschlange bis zum hochgiftigen Skorpion tummelt sich so einiges auf den Straßen – meist unentdeckt.

Auf den Exoten-Verkaufsveranstaltungen sollen Börsenrichtlinien den Verlauf regeln und ein Minimum an Tierschutz gewährleisten. Die Richtlinien des Bundesministeriums zur Durchführung von Tierbörsen jedoch sind nicht verbindlich und bilden somit keine von den Veterinärbehörden durchsetzbare Rechtsgrundlage. Die Reptilienbörsen finden nach den Richtlinien der Veranstalter statt – mehr oder weniger streng in die Tat umgesetzt. Nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt der Stadt Kreuztal hat es bisher keine Anfragen zur Ausrichtung dieser Reptilienbörsen in städtischen Gebäuden gegeben, aber wir möchten im Vorfeld mit diesem Verbot eine Handlungsempfehlung geben, damit es nicht zu solchen Veranstaltungen kommt.

Ausbrüche von Wildtieren wie Elefanten, Tiger oder Bären aus Zirkusbetrieben sind vielfach dokumentiert. Insgesamt kam es zwischen 2009 und 2016 zu mindestens 45 Ausbrüchen von Bären, Elefanten, Flusspferden, Großkatzen, Nashörnern und Primaten aus Zirkusbetrieben in Deutschland. 2015 wurde ein Mann im baden-württembergischen Buchen von einem Elefanten aus einem Zirkus getötet, bei einigen Vorfällen waren zudem Sachschäden zu verzeichnen. Auch der Bundesrat verweist in seiner Entschließung 2016 für ein Verbot von Wildtieren im Zirkus auf diese Gefahrensituation und sieht den Grund dafür darin, dass die „eigentlich notwendige Einrichtung von ausreichend großen, ausbruchsicheren und artgerecht ausgestatteten Gehegen […] mit der Notwendigkeit zur fortwährenden Mobilität“ kollidiert. Er verweist in seiner Entschließung im Jahr 2016 auf Verhaltensstörungen vieler Tiere im Zirkus als Folge der schlechten Haltungsbedingungen in einem mobilen Betrieb. Dadurch wird das Verhalten der Tiere unberechenbar und Gefahrensituationen werden kaum vorhersehbar. Selbst jahrelang unauffällige oder als „gezähmt“ geltende Wildtiere können unvermittelt und ohne ersichtlichen Grund zur Gefahr werden.

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen steht Gastspielen von Zirkusbetrieben mit Wildtieren kritisch gegenüber. Einer repräsentativen forsa-Umfrage vom Mai 2014 zufolge vertreten 82 % die Auffassung, dass Wildtiere nicht artgerecht im Zirkus gehalten werden können. Zwei Drittel der Bevölkerung unterstützt repräsentativen Umfragen zufolge ein Wildtierverbot im Zirkus. Bereits 21 europäische Länder, darunter die Niederlande, Österreich und Belgien, haben bestimmte Tierarten im Zirkus verboten. Dennoch sind auf nationaler Ebene weiterhin keine Beschränkungen für Wildtiere im Zirkus geplant. Jedoch haben bereits über 80 Städte – darunter Köln, Stuttgart, Chemnitz, Düsseldorf, Erlangen, Osnabrück, Leipzig, Worms und Heilbronn – ein Zirkus-Wildtierverbot auf eigenen Flächen etabliert und wir sollten aus den oben genannten Gründen diesen Beispielen folgen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Dieter Gebauer , Fraktionssprecher
gez. Sandra Gismondi-Ortlepp, Ratsmitglied

zurück