Ein Klimakonzept für Kreuztal

Betr.: Infrastruktur- und Umweltausschuss am 02. Februar 2009

Sehr geehrter Herr Siebel,
Sehr geehrter Herr Biermann,

die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen bittet Sie, den folgenden Antrag in die Tages-ordnung der nächsten Sitzung des Infrastruktur- und Umweltausschusses aufzu-nehmen:

Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes für die Stadt Kreuztal

Beschlussvorschlag:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, ein Klimaschutzkonzept mit Maßnahmen zur Energieeinsparung, zur Nutzung erneuerbarer Energien und zur rationellen Verwendung von Energie für den Bereich der Stadt Kreuztal zu erarbeiten.
  2. Ziel des Konzeptes soll sein, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40% gegenüber dem Jahr 1990 zusenken.

Begründung:

Klimaschutz ist eine der wichtigsten Aufgaben des Umweltschutzes in den kommenden Jahrzehnten. Schon heute nehmen die Belastungen für die Umwelt dramatisch zu und auch die Kosten für die Bürgerinnen und Bürger steigen rapide. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen dreifach:

  • für einen zu hohen Energieverbrauch, obwohl es genügend technische Möglichkeiten gibt, diesen zu begrenzen;
  • für drastisch steigende Energiekosten;
  • für Schäden, die durch Klimaveränderungen entstehen, z.B,. bei Überschwemmungen, Sturmschäden

Dieses Geld sollte stattdessen in die Vorbeugung statt in die Reparatur gesteckt werden. Klimaschutz geht alle an, er darf sich nicht nur auf internationaler (UN, EU) oder nationaler Ebene in Form von verbindlichen CO2-Minderungeszielen beschränken. Gemäß dem Motto "Global denken, lokal handeln" müssen auch auf kommunaler Ebene und bei jedem Einzelnen konkrete Maßnahmen ergriffen werden, damit die vereinbarten Klimaschutzziele auch erreicht werden können.

Hauptaufgabe des kommunalen Klimaschutzes ist die Reduktion des Energieverbrauchs und damit der CO2-Emissionen. Die Bereiche Energieverbrauch und -erzeugung sowie der Verkehr verursachen mit Abstand die meisten Emissionen und bieten daher auch die größten Möglichkeiten, um CO2 zu vermeiden.

Instrumente für eine Verringerung der CO2-Emissionen sind:

  • Energieeinsparung (rationelle Energieverwendung)
  • klimaschonende Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen
  • Verkehrsvermeidung
  • Verkehrsverlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad und Fuß

 

Die Verwaltung wird gebeten, bei der Konzepterstellung folgende Handlungsfelder zu prüfen und zu bewerten:

Energie

Der Bereich Energie gehört zu den wichtigsten Handlungsfeldern im kommunalen Klimaschutz. Angesichts steigender Energiekosten macht die Möglichkeit zur Einsparung von Haushaltsmitteln solche Maßnahmen auch für die Stadt Kreuztal besonders attraktiv. Als Maßnahmen kommen zum Beispiel in Frage:

  • Errichtung von Kraft-Wärmekopplungs-Anlagen (KWK) zur Energieversorgung städtischer Einrichtungen
  • Nutzung erneuerbarer Energien (Solaranlagen, Erdwärme) bei der Energieversorgung städtischer Einrichtungen
  • Energiecontrolling in städtischen Gebäuden
  • Verwendung von Energiesparlampen in öffentlichen Gebäuden
  • Energieträgerumstellung auf Erdgas oder Holz
  • Förderung von Energiesparprojekten in städtischen Schulen
  • Finanzielle Förderung privater Haushalte bei der Errichtung von Solaranlagen
  • Energiesparende Maßnahmen bei der Straßenbeleuchtung
  • Regeln für den Betrieb und die Überwachung der betriebstechnischen Anlagen in den Gebäuden der Stadt Kreuztal
  • Ökostrombezug für städtische Liegenschaften
  • Bereitstellung geeigneter städtischer Dachflächen für Bürger-Solaranlagen
  • Durchführung des European Energy Awards bei der Stadt Kreuztal
  • Durchführung einer Aktionswoche „E-Fit" mit der Energieagentur NRW

Verkehr

Der Autoverkehr ist die am stärksten wachsende Quelle von Treibhausgasen. Dieselruß und Stickoxide, die bei der Verbrennung von Treibstoff in Automotoren entstehen, schädigen nicht nur das Klima, sondern auch die Gesundheit. Zudem sind Stickoxide bei starker Sonneneinstrahlung für erhöhte Ozonwerte und Sommersmog verantwortlich. Eine umweltverträgliche Verkehrspolitik reduziert Luftschadstoffe und Lärm und verbessert die städtische Lebensqualität. Die entscheidenden Stellschrauben sind die Verkehrsvermeidung durch planerische und städtebauliche Maßnahmen sowie die Verkehrsverlagerung vom Auto auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel (öffentlicher Personennahverkehr, Fahrrad und Fußgängerverkehr). Als konkrete Maßnahmen kommen beispielweise in Frage:

  • Anschluss von vorhandenen und geplanten Baugebieten an das ÖPNV-Netz
  • Flächendeckende Ausweisung von Tempo-30-Zonen
  • Radwegeausbau und -priorisierung (attraktivere Gestaltung von Rad- und Fußwegverbindungen, verkehrsberuhigte Zonen, Fahrradspuren)
  • Ausweitung von Fußgängerzonen und Attraktivierung fußläufiger Verbindungen
  • Attraktivitätssteigerung des ÖPNV
  • Umstellung des kommunalen Fuhrparks auf klimafreundlichere Fahrzeuge (z. B. Erdgas), Motivation der eigenen Beschäftigten zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel durch ein verbilligtes Jobticket, Dienstfahrräder, Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln für Dienstreisen
  • Parkraummanagement
  • langfristige Steuerung der Verkehrsnachfrage, z. B. über eine verkehrsvermeidende Siedlungsplanung
  • Förderung von verkehrsmindernden Initiativen wie Carsharing und Mitfahrgemeinschaften

Stadtplanung

Die energetische Optimierung von Siedlungen, die Verminderung der Flächenversiegelung und die Vermeidung und stadtverträgliche Lenkung des Autoverkehrs tragen dazu bei, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln. Als Maßnahmen kommen beispielsweise in Frage:

  • Berücksichtigung klimatischer Randbedingungen bei der Planung von Baugebieten
  • Beeinflussung des Heizwärmebedarfs von Neubaugebieten durch Festsetzungen im Bebauungsplan (energieeffiziente Gebäude, Förderung des Einsatzes von Sonnenkollektoren und Photovoltaikanlagen durch günstige Dachneigung, Minimierung von Wärmeverlust über zulässige Gebäudeabmessung und kompakte Bauweise, aktive und passive Nutzung der Sonnenenergie durch verschattungsarme Lage der Gebäude zueinander und Bepflanzungen)
  • Nahwärmeversorgung in Neubausiedlungen
  • Verringerung des Individualverkehrs durch bessere Anbindung von Wohnsiedlungen an das Busnetz
  • Errichtung einer Solarsiedlung

Kommunale Beschaffung

Kommunen sind selbst bedeutende Verbraucher, die über eine beträchtliche Kaufkraft verfügen. Indem sich auch die Stadt Kreuztal für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen entscheidet, trägt sie erkennbar zum Klimaschutz bei, unterstützt nachhaltige Wirtschaftsbranchen und bietet Anreize für die Industrie, umweltfreundliche Technologien zu entwickeln. Zusätzlich dient eine umweltfreundliche Beschaffung der Glaubwürdigkeit der Stadt Kreuztal, die versucht, das Handeln anderer Akteure im Sinne des Klimaschutzes positiv zu beeinflussen. Durch bedachten Einkauf können Material und Energie gespart, Abfall und Luftverschmutzung reduziert und nachhaltige Verhaltensmuster gefördert werden. Als Maßnahmen kommen beispielsweise in Frage:

  • Anschaffung von Dienstfahrzeugen mit neuester Abgastechnik
  • Anschaffung energieeffizienter Elektrogeräte
  • Büroausstattung mit Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung (FSC)
  • Verzicht auf Tropenholz aus Raubbau
  • Verwendung von Recycling-Papier in Druckern
  • Moderne Umweltstandards für Heizungs- und Klimaanlagen
  • Bezug von Ökostrom für kommunale Gebäude
  • Einsatz von Fahrrädern bei der Stadtverwaltung
  • Verzicht auf die Beschaffung von energieaufwendigen Produkten
  • Ausschluss klimaschädlicher Stoffe beim kommunalen Beschaffungswesen

Land- und Forstwirtschaft

Kommunen, die land- und forstwirtschaftliche Flächen besitzen, können durch ökologische Landwirtschaft und naturnahe Waldbewirtschaftung Wasser- und Bodenqualität verbessern, Lebensraum für Wildtiere schaffen und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Folgende Maßnahmen kommen z.B. hierfür in Frage:

  • Auflagen zur umweltschonenden Bearbeitung bei der Verpachtung städtischer Grundstücke an Landwirte.
  • Verwendung umweltfreundlicher Energieträger (Biomasse/Pflanzenöl) für städtische Maschinen und Fahrzeuge
  • Zertifizierung städtische Waldflächen durch Forest Stewardship Council (FSC)

Abfall- und Abwasserwirtschaft

Auch die Abwasseraufbereitung erfordert Energie und setzt klimaschädliche Gase frei. Kommunen können durch verschiedene Maßnahmen dazu beitragen, Müll und Abwasser zu vermeiden und klimafreundlich zu entsorgen. Als Maßnahmen kommen beispielsweise in Frage:

  • gestaffelte und mengenabhängige Müllgebühren durch unterschiedlich große Behälter
  • Bereitstellung von Behältern zur Mülltrennung
  • Kompostierung und Recycling
  • Verwertung von Klärgas zur Strom- und Wärmeerzeugung in Blockheizkraftwerken
  • Entlastung der Kläranlagen durch Beseitigung von Fremdwasser aus der Kanalisation und Entsiegelung befestigter Flächen
  • Information und Aufklärung von Haushalten und Gewerbebetrieben über Möglichkeiten der Abwasservermeidung und Flächenentsiegelung

Nord-Süd-Zusammenarbeit

Auch die Stadt Kreuztal kann zum Schutz der Regenwälder beitragen, indem sie auf Tropenholz möglichst verzichtet, bzw. FSC-zertifiziertes Holz verwendet und die Regenwaldvölker und ihre traditionell nachhaltige Lebensweise unterstützt - eine wirksame Maßnahme gegen Abholzung und Raubbau.

Die Klima-Bündnis-Partnerschaft mit den Völkern des Amazonasgebiets dient dem Erhalt ihrer Kultur, ihres Lebensstils und damit auch des Regenwaldes. Als Maßnahmen kämen in Frage:

  • Beitritt der Stadt Kreuztal zum Klimabündnis Europäischer Städte
  • Partnerschaft zwischen der Stadt Kreuztal oder Schulen und indigenen Gemeinschaften im Amazonasgebiet
  • Finanzielle Unterstützung von Nord-Süd-Projekten

Öffentlichkeitsarbeit

Öffentlichkeitsarbeit ist ein fundamentaler Bestandteil der kommunalen Klimaschutzpolitik. Durch Öffentlichkeitsarbeit kann die Stadt Kreuztal Klimaschutz als gesellschaftliche Aufgabe im öffentlichen Bewusstsein verankern und die Bevölkerung motivieren, aktiv an der Lösung der gemeinsamen Aufgabe mitzuwirken. Außerdem können Erfolge bei der Umsetzung von Klimaschutzprojekten zur Imagepflege und für die Standortwerbung genutzt werden. Als Maßnahmen kommen beispielsweise in Frage:

  • Thermografieaktion für Kreuztaler Hausbesitzer
  • Heizspiegel und Online-Energiesparberater
  • Erstellung regelmäßiger CO2-Bilanzen
  • Teilnahme an der Aktion „Woche der Sonne"
  • Teilnahme an der Aktion „SolarLokal"
  • Klimaschutzpreis der Stadt Kreuztal
  • Unterstützung von Klimaschutzprojekten in Schulen und Kindergärten
  • Aktion „Energiesparer NRW"
  • Weiterbildungen und Vorträge (z.B. energiesparendes Bauen)
  • Aktionstage (z.B. zum Thema nachhaltige Mobilität)
  • Informations-Broschüren, Faltblätter, Ausstellungen
  • Lokale Medienarbeit

Mit freundlichen Grüßen

Anke Hoppe-Hoffmann
(Fraktionssprecherin

 

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