Haushaltsrede 2020

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hielt in diesem Jahr Dieter Gebauer die Haushaltsrede.

Haushaltsrede B‘90/Die Grünen 27.02.2020

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Verwaltungskräfte , sehr geehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen,

Zunächst möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und insbesondere dem Kämmerer an dem vorgelegten Haushaltsentwurf danken.

Es liegt uns ein Haushaltsentwurf als umfangreiches und gut strukturiertes Zahlenwerk vor, auf dessen Grundlage wir über die Perspektiven unserer Stadt diskutieren und entscheiden können.

(Appropos Perspektiven: Hier fehlen uns GRÜNEN Investitionen, um Kreuztal auf die vielfältigen Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.)

(Ich nenne hier zunächst nur als Stichwort die Notwendigkeit eines nachhaltigen Wirtschaftens. Hier ist noch gut Luft nach oben!)

Ich weiß, dass Weichenstellungen in die Zukunft immer mit Ausgaben verbunden sind. Die Finanzlage setzt uns hier Grenzen.

Das Steueraufkommen in 2019 war gegenüber dem Vorjahr (2018) leicht rückläufig.

Wir müssen sogar damit rechnen, dass es in 2020 noch einmal abnimmt.

Die Gesamterträge der Ergebnisplanung lagen um etwa 3,1 Mio € niedriger als der Gesamtaufwand der Ergebnisplanung.

So bleiben wir unter der magischen 5% Schuldenbremse. So entkommen wir nur knapp der Haushaltssicherung des §76 GO NRW, die wie eine Art Kampfdrohne über den Kommunen des Landes schwebt.

Lassen Sie mich festhalten, dass der Rückgang des Steueraufkommens, gerade bei der Gewerbesteuer, in meinen Augen kein Verschulden kommunaler Politik ist.

Wir haben es hier mit einer allgemeinen Wirtschaftsentwicklung zu tun.

Die Schleifspuren der Konjunktur und das Festhalten an der „Schwarzen Null“ von Seiten der Bundesregierung, werden wohl auch zukünftig der Kommunalen Finanzplanung Probleme bereiten, so dass wir uns wohl auf einen finanziell bescheideneren Rahmen einstellen müssen.

Trotz dieser „finanziellen Eintrübung“ muss die Grundsteuer A und B in Kreuztal nicht angehoben werden und damit bleiben auch die Nebenkosten vieler Mieterinnen und Mieter in diesem Punkt unbelastet.

Wie schön die Welt finanziell in Kreuztal sein könnte, wenn da nicht die enorme Fremdbelastung durch die Kreisumlage wäre, möchte ich jetzt nicht weiter vertiefen…

Auch hier ist Abhilfe von Nöten, die aber nicht auf kommunaler Ebene leider nicht zu erreichen ist.

Lassen Sie mich nun einige Anmerkungen zu Einzelposten des Haushaltsentwurfs machen.

Nicht alles, was grün aussieht (wie unser Haushaltsentwurf), hat auch einen GRÜNEN Inhalt.

Radwege

Was uns Grüne freut, ist, dass auf unsere Anregung (im Jahr 2018) ein überregionales Planungsbüro beauftragt wurde, für unsere Stadt ein schnelles Radwegenetz zu planen.

Mit den im Haushalt aktuell vorgesehenen 100.000 € für Radwegeplanung wird sich für Kreuztal ein dringend notwendiges Radwegekonzept planerisch realisieren lassen.

Es sind bereits Planungsfortschritte zu erkennen, die hoffen lassen, dass Kreuztal in naher Zukunft von schnellen Radwegen profitieren wird, wenn möglich mit einer nahtlosen Anbindung an ein überregionales Radschnellwegenetz.

Für die weiter zunehmende Radmobilität wäre das ein wichtiger Schritt.

Machen wir uns endlich klar: Das Fahrrad hat sich vom Freizeit-Vehikel zum Verkehrsmittel gemausert und benötigt daher auch eine geeignete Infrastruktur.

Gute Radwege sind daher Verkehrswege in die Zukunft!

Schaffung neuen Wohnraums

Wenn die Bebauung und Gestaltung des Bender Areals so umgesetzt wird, wie sie zuletzt vorgestellt wurde, dann stimmt die Richtung.

In Puncto Energieversorgung sollten wir daran arbeiten, dass hier neue, beispielhafte Maßstäbe gesetzt werden.

So stellen wir GRÜNE uns vor, dass hier Sonnenenergie zur Strom- und Wärmegewinnung optimal genutzt wird, und dass zusätzlich Wärmegewinnung über Erdwärme und Blockheizkraftwerke erfolgt, die mit nicht fossilen Energieträgern arbeiten.

Die Preise für Strom und Wärme könnten so für die zukünftigen Bewohner auf einem sehr verträglichen Niveau liegen.

Außerdem würde für die CO2-Bilanz unserer Stadt auf diese Weise ein bedeutender positiver Beitrag geleistet.

Solche zukunftsweisenden Projekte gibt es in Deutschland bereits, sie erfreuen sich großer Beliebtheit und sie ständen auch Kreuztal gut zu Gesicht.

Auch für andere Wohngebiete unserer waldreichen Stadt könnten Nahwärmekraftwerke für die Versorgung mit Strom und Wärme eingerichtet werden.

Ich bedaure es, dass hier von Seiten der Stadt noch kein großer Investitionswille erkennbar ist.

Eine der politischen Schlüsselfragen für Bund, Länder und Kommunen besteht in der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Uns GRÜNEN ist das ein zentrales Anliegen!

Hierfür reicht es nicht aus, im Haushaltsansatz mehr Mittel für den Grunderwerb bereitzustellen. Wir müssen vielmehr auch einen nicht profitorientierten Wohnungsbau fördern.

Das ließe sich zum Beispiel über eine Städtische Wohnungsbaugenossenschaft gut in die Wege leiten.

Menschen mit wenig Geld, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen warten hier auf wirksame Maßnahmen unserer Stadt. Sie haben einen Anspruch darauf!

Neubau darf allerdings nicht zur Zersiedlung der Landschaft führen. Wir dürfen nicht mehr und mehr landwirtschaftliche Nutzfläche in Bauland umwandeln.

Dazu ein paar Zahlen, die mich beunruhigen:

Im Durchschnitt sind in den Jahren 1995 bis 2015 etwa 7 ha/Jahr an landwirtschaftlicher Nutzfläche in Kreuztal verloren gegangen. (Quelle: NRW-IT)

Das sind insges. 13,17% der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche, die noch 1994 zur Verfügung stand! (wobei die letzten 5 Jahre noch gar nicht mit berücksichtigt sind)

Zum Vergleich: Landesweit sind es 7,47% und kreisweit 7,08% !!!

Kreuztal hat also eine überdurchschnittlich große Umwandlung Landwirtschaftlicher Nutzfläche in Wohnbaufläche!

Man stelle sich einmal vor, die industriell genutzte Gewerbefläche im Stadtgebiet wäre in diesem Maß dezimiert worden…

Meine Damen und Herren, bedenken Sie bitte: Auch landwirtschaftliche Nutzfläche ist Gewerbefläche!

Was ich damit sagen will: Die Stadt Kreuztal hat auch die Pflicht den Landwirtschaftlichen Unternehmen ihre Existenz zu sichern und damit die Versorgung der Einwohnerschaft mit heimischen Produkten zu gewährleisten.

Um den „Flächenkonflikt“ zu entschärfen muss die bauliche Innenverdichtung vorangetrieben werden. Es muss gelingen vor allem innerstädtische Grundstücke (auch mit abbruchreifen Häusern) zu erwerben und für eine Neubebauung bereitzustellen.

Im Sozialbereich fordern wir GRÜNEN ein Bündel von Maßnahmen. Auch in Kreuztal sind viele Menschen überschuldet. Auch in Kreuztal wird Familien der Strom abgestellt, weil die Haushaltskasse leer ist. Um aus dieser Misere herauszukommen, sollte ihnen eine wirksame Schuldnerberatung zur Verfügung stehen.

Diese wird immer wichtiger in einer Welt, in der sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet.

Die Ausgaben für die Schuldnerberatung sind seit Jahren unverändert, sie bedürfen aber einer dringenden Anpassung an die Realität!

Eine weitere beispielhafte Sozialleistung unserer Stadt wäre es, für kostenfreies und gesundes Essen in den Mensen unserer Schulen zu sorgen.

Das wäre eine Investition in das Wohlergehen und die Gesundheit unserer Kinder die sich gesellschaftlich rentieren würde.

Die Kosten dafür -etwa 30.000 € bis 40.000 € pro Jahr)- halten sich in einem sehr verträglichen Rahmen und sind für Kreuztal leistbar.

Ausbau und Nutzung regenerativer Energien

Davon ist in Kreuztal noch nicht viel zu erkennen. (auch wenn löblich zu erwähnen ist, dass sich immerhin auf ein paar Schuldächern in dieser Sache was tut)

Wir GRÜNEN haben hier ein klares Konzept: Wir fordern eine „Solarinitiative Kreuztal“.

Kreuztal trägt bei der Nutzung regenerativer Energien die rote Laterne. Das ist eine wenig schmeichelhafte Auszeichnung!

Betrachtet man die kürzlich von der Landesregierung herausgegebene Statistik des von den Städten und Kommunen tatsächlich genutzten, zur Verfügung stehenden Potentials regenerativer Energien, so kommt Kreuztal bei der PV auf gerade mal 3,2% und bei der Windenergie auf 1,2%.

Das ist der vorletzte Platz (in dieser Disziplin) im gesamten Kreisgebiet!

Das heißt: es steht auch für Kreuztal noch eine Menge kostenloser Energie zur Verfügung, wir müssen sie nur anzapfen!

In Zeiten gesuchter Renditeobjekte wären Bürger-Solaranlagen durchaus ein attraktiver Anreiz für eine sichere Geldanlage. Solche Bürgersolaranlagen ließen sich gut auf öffentlichen Gebäuden, an Lärmschutzwänden oder ähnlichem einrichten….man muss es nur wollen.

Wenn Deutschland (wie geplant) bis 2050 zu 80% mit regenerativen Energien versorgt werden soll, dann haben wir hier in Kreuztal mit Blick auf die gerade genannten Zahlen noch einen großen Beitrag zu leisten!

Das heißt: Für den weiteren Ausbau regenerativer Energien müssen aus unserer Sicht zukünftig mehr Haushaltsmittel vorgesehen werden, die sich auf jeden Fall rentieren würden.

Stellenplan

Ich beginne mal mit dem erfreulichen Teil des Stellenplans.

Wir GRÜNE begrüßen im Beschäftigungsbereich der Erzieherinnen und Erzieher die Umwandlung von Kurzzeitbefristungen in feste Stellen.

Dadurch lässt sich für die Betroffenen Leben und Zukunft deutlich besser planen und die Stadt Kreuztal kann qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Dauer gute Beschäftigungsverhältnisse bieten. So gewinnen und halten wir qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Nun komme ich aber zum Unerfreulichen.

Es ist für uns GRÜNE schwer zu verstehen, dass die Verwaltung und die Mehrheit im Rat die Bestellung eines Klimaschutzbeauftragten blockiert.

Wie ich es schon oft gesagt habe, ein wirkungsvoller Klimaschutz ist nicht ohne eine qualifizierte personelle Ausstattung hinzukriegen.

Ein Klimaschutzbeauftragter ist nicht nur ein Kostenfaktor auf der Ausgabenseite des Haushalts, er kann durchaus auch zur Verbesserung der Einnahmenseite unseres Haushalts beitragen.

Bisher bezogen sich die von der Verwaltung benannten „Klimaschutzmaßnahmen“ fast ausschließlich auf notwendige Sanierungsmaßnahmen bzw. längst fällige Erneuerungsmaßnahmen an städtischen Gebäuden.

(Nun gut, wenn ich Heizkessel oder Fenster ersetzen muss, dann sind die neuen Teile zwangsläufig besser als die alten, sonst brauchte ich sie nicht zu ersetzen…. )

Aus einer Auflistung der seit 2011 (also innerhalb von fast 10 Jahren) durchgeführten Einzelmaßnahmen ist zu entnehmen:

Es wurden erneuert: 27 Heizungsanlagen, Es gab 15 Maßnahmen im Beleuchtungsaustausch, und es gab 17 Maßnahmen im Fensteraustausch, Es gab lediglich eine Gebäudeisolierung

Ich sage es noch einmal: Kommunaler Klimaschutz muss weit mehr sein als die energetische Sanierung von kommunalen Gebäuden und Einrichtungen, er muss weit mehr sein als das, was im mittlerweile schon veralteten Integrierten Klimaschutzkonzept aus dem Jahre 2013 für die Stadt Kreuztal gefordert wird. Zielgerichteter Klimaschutz muss folgendes beinhalten:

Es muss eine permanente Öffentlichkeitsarbeit geleistet werden, um für den Klimaschutz zu sensibilisieren

Es muss den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt Beratungen und Förderungen angeboten werden

Es muss ständig bei allen Maßnahmen der Stadt auf die Einhaltung der Klimaziele geachtet werden, bis zum Erreichen der Klimaneutralität unserer Kommune.

Der Klimaschutz muss als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung unserer Stadt sehr gut organisiert werden.

Ein Klimaschutzbeauftragter muss sich als Schnittstelle zwischen Verwaltung, Politik, Industrie, Handwerk und Bürgern verstehen.

Im Internet gibt es reichlich Informationen über die Aufgaben eines Klimaschutzbeauftragten und immer wieder den Hinweis, dass ohne diese Fachkräfte ein wirkungsvoller Klimaschutz nicht zu leisten ist.

Es sollte auch beachtet werden, dass ein Klimaschutzbeauftragter nicht nur Geld kostet, sondern dass er auch eine Wertschöpfung in der Kommune hervorruft und sich dadurch letztlich sogar bezahlt macht.

Einige unserer Nachbarkommunen haben das bereits erkannt und haben einen Klimaschutzbeauftragten eingestellt, weil sie wissen, dass solche Fachkräfte eine hervorragende Arbeit leisten und sich letztendlich sogar bezahlt machen und vor allem auch das bestehende Personal vor unzumutbarer, teils fachfremder Mehrarbeit schützen.

Hier sehen wir GRÜNEN für Kreuztal, der zweitgrößten Kommune des Kreises Siegen-Wittgenstein, einen erheblichen Handlungsbedarf!

Wenn Deutschland die bis 2030 (also in nur 10 Jahren) die in der EU vereinbarten Klimaziele nicht erreicht, dann wird es teuer! Geschätzte 63 Mrd. € sind dann zu zahlen.

Darunter werden dann auch die Kommunen finanziell zu leiden haben, in Form von höheren Abgaben oder/und weniger Förderungen!

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich abschließend kurz darlegen, warum wir den vorliegenden Haushaltsentwurf und den Personalplan ablehnen.

In weiten Bereichen könnten wir dem Haushaltsentwurf und dem Personalplan zustimmen.

Die im Haushaltsentwurf (angeblich) ausgewiesenen Maßnahmen für den Klimaschutz sind schwer bis gar nicht zu erkennen. Sie bleiben aber deutlich hinter dem zurück was nötig ist und auch von uns gefordert wird.

Es ist nicht zu erkennen, dass sich unsere Stadt hinreichend auf die zukünftigen Herausforderungen in dieser Sache vorbereitet.

Für den Klimaschutz haben wir GRÜNEN uns für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger mächtig ins Zeug gelegt. Wir haben es hier mit einer globalen und kommunalen Herausforderung zu tun.

Hier hilft nur entschlossenes Handeln. Genau das lässt dieser Haushaltsentwurf im Bereich Klimaschutz vermissen.

Das aktive Eintreten für den Klimaschutz ist für uns auch eine Frage der Glaubwürdigkeit gegenüber den jungen Menschen, die jeden Freitag für eine neue Klimapolitik auf die Straße gehen.

Die meisten der hier anwesenden werden vermutlich die Folgen der Versäumnisse von heute nicht mehr in vollem Umfang erleben. Bei den jungen Menschen ist das anders.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Welt noch für viele Generationen bewohnbar bleibt. Schließlich haben wir diese Welt von unseren Kindern nur geborgt“

Stellvertretend für die Fraktion B‘90/Die Grünen teile ich mit, dass die Fraktion B‘90/Die Grünen dem vorgelegten Haushaltsentwurf und dem Personalplan aus den erwähnten Gründen nicht zustimmen kann.

Und noch eine letzte Anmerkung zum Schluss

Ich bin glücklich darüber hier in Kreuztal zu leben und mich mit Ihnen allen zum Wohle dieser Stadt einzusetzen zu dürfen.

Nach den brutalen Morden in Hanau, den Gewaltandrohungen auch gegen Kommunal-Politiker, möchte ich sie bitten, lassen sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass demokratiefeindliche Kräfte und rechtes Gedankengut in Kreuztal keine Chancen bekommen!

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

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