Kein Kind ohne Mahlzeit

Sehr geehrter Herr Biermann,
Sehr geehrte Frau Seibt,
die grüne Ratsfraktion bittet darum den folgenden Antrag im Rahmen der Haushaltsberatungen zu beraten:

Beschlussvorschlag:

  1. Der Sozialausschuss / der Rat der Stadt Kreuztal appelliert an das Land NRW das Landesprogramm „Kein Kind ohne Mahlzeit“ auch auf Kindertageseinrichtungen auszudehnen.
  2. Sozialausschuss bittet die Verwaltung die Kosten für ein beitragsfreies Mittagessen in Kindertageseinrichtungen für Familien mit einem Einkommen bis 25.000 €/Jahr bis zur Ratssitzung zu ermitteln.
  3. Der Sozialausschuss bittet die Verwaltung die Kosten für ein beitragsfreies Mittagessen in Kindern aus „armen“ Familien (Definition s. Familienbericht: Armutsgrenze bei einem Äquivalenzeinkommen von 615 € netto im Monat) zu ermitteln. (In Kreuztal ca. 18 % der Familien mit Kindern)
  4. Der Sozialausschuss empfiehlt dem Rat, Kindern aus „armen“ Familien vorerst einen Zuschuss in Höhe von 1 € zum Mittagessen in Tageseinrichtungen zu bewilligen.

Begründung:
Der vorliegende Familienbericht der Stadt Kreuztal macht deutlich, dass 18 % unserer Kinder aus armen und weitere 12 % der Kinder aus armutsnahen Verhältnissen kommen. Gleichzeitig liegt uns die Studie der Bertelsmann Stiftung „Chancen ermöglichen – Bildung stärken“ vor, die verdeutlicht, wie wichtig frühkindliche Bildung ist. Sie weist eindrücklich darauf hin, dass gerade Kinder aus ärmeren Familien hinsichtlich ihrer Förderung darauf angewiesen sind eine Kita zu besuchen, und dass insbesondere durch Ganztagsangebote eine gewisse Chancengleichheit erreicht werden könne.

Um die für unsere Gesellschaft so wichtige Integration und Förderung sozial benachteiligter Kinder zu erreichen, wendet sich der Focus von der bis dahin angestrebten Betreuung von Kindern berufstätiger Eltern – hin zum sogenannten „sozialpolitischen Auftrag“ der Kindertageseinrichtungen. Kinder aus bildungsfernen Schichten und mit Migrationshintergrund haben in der Schule nur dann eine Chance, wenn sie im Bereich der frühkindlichen Bildung umfassend gefördert werden. Dabei waren bislang die Gebührenregelungen ein Hindernis, aber aufgrund der wirklich lobenswerten Gestaltung des Kreises Siegen-Wittgenstein ab dem Sommer 2008 wird der Zugang der Kinder verbessert – auch Angebote zu nutzen, die über einen Halbtagsplatz hinaus gehen. Die Bertelsmann-Studie macht aber auch deutlich, dass die Nebenkosten der Eltern (Essensgeld, Beiträge für Material und Ausflüge etc.) Armutsbetroffene vor Probleme stellen und damit den Zugang zur frühkindlichen Bildung verhindern.

Der Kreistag lehnte in seiner Sitzung am 22.02.08 einen gemeinsamen Antrag von UWG und Grünen ab, das Mittagessen in Tageseinrichtungen für Kinder aus Familien mit einem Jahreseinkommen bis 25.000 € beitragsfrei zu stellen. Begründet wurde dies u.a. „Der Kreistag ist der Ansicht, dass eine Förderung des Mittagessens in Kindertageseinrichtungen, in der Zuständigkeit der Städte und Gemeinden liegen solle und hier nicht der Aufbau einer zusätzlichen Verwaltungsbürokratie auf Kreisebene notwendig ist. Entsprechende Anträge sollten durch die Räte in den Städten und Gemeinden entschieden werden.“ Im Beschluss ist aber auch festgehalten, dass der Kreistag das Grundanliegen, allen Kindern täglich ein verlässliches Mittagessen zu ermöglichen, begrüßt. Ebenso wurde die Verwaltung vom Kreistag gebeten, gegenüber der Landesregierung anzuregen, dass Landesprogramm „kein Kind ohne Mahlzeit“ auch auf Kindertageseinrichtungen auszudehnen. Letzteres kann und sollte sicher auch vom Rat der Stadt Kreuztal aktiv unterstützt werden, indem er einen entsprechenden Appell an die Landesregierung richtet.
• s. Pkt. 1

Wesentlich schwieriger, weil mit der Bereitstellung von finanziellen Mitteln verbunden, ist die konkrete Unterstützung der Familien, indem die Mahlzeiten kostenfrei gestellt werden. Um zu erfahren welche Kosten für den Haushalt der Stadt Kreuztal mit einem entsprechenden Beschluss verbunden wären, bitten wir den Sozialausschuss die Kostenermittlung zu empfehlen.
• s. Pkt. 2 für Einkommen bis 25.000 €
• s. Pkt. 3 für „arme Familien“ (Armutsgrenze bei Äquivalenzeinkommen von 615 € netto im Monat)

Die bislang gewährte Unterstützung über den Stadtpass reicht unseres Erachtens nicht aus, um „arme“ Familien wirkungsvoll zu unterstützen. Bislang nahmen auch nur 43 Personen (in Kita und Schule) dieses Angebot in Anspruch. Berechtigt sind hier auch nur Familien mit zwei und mehr Kindern. Gezahlt wurde ein Zuschuss von 0,50 € / Mahlzeit. Damit kostet die Mahlzeit aber noch immer doppelt so viel, wie den Kindern von Hilfeempfängern für ein Mittagessen zur Verfügung steht.

Laut Kindergartenbedarfsplanung wurden für August 2008 für 705 Kinder (von 2-6 Jahren) aus Kreuztal in Tageseinrichtungen 35 oder 45 Std gebucht, und würden damit sinnvoller Weise auch an einem Mittagessen in der Einrichtung teilnehmen. Lt. Familienbefragung kommen im statistischen Mittel ca. 18% der Kreuztaler Kinder aus „armen“ Familien, womit vermutlich ca. 127 der 705 Kinder große Probleme haben dürften die Mahlzeit in der Kindertageseinrichtung zu finanzieren. Um als ersten Schritt diesen Kindern über einen Zuschuss in Höhe von 1 €/Mahlzeit eine Mittagsmahlzeit zu ermöglichen, (5 Tage /Woche x 50 Wochen) wäre die Bereitstellung von ca. 30.000 € für ein Jahr notwendig. Für das Haushaltsjahr 2008 müssten ca. 15.000 € eingestellt werden. Diese Summe bitten wir im Haushalt 2008 bereitzustellen, denn über eine völlige Freistellung der Essensbeiträge und den Personenkreis einer Freistellung kann sicher erst nach Vorlage konkreter Zahlen beraten werden.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Poser, Mitglied im Sozialausschuss
Anke Hoppe-Hoffmann, Fraktionssprecherin

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