Namensgebung "Friedrich-Flick-Gymnasium"

Anfrage zur Sitzung des Rates am 21.02.2007

Sehr geehrter Herr Biermann,
im Herbst 2007 ist der Name unseres städtischen Gymnasiums erneut in die
öffentliche Diskussion gekommen und war u.a. auch Thema in der nichtöffentlichen
Ratssitzung am 11.10.07.

Wir haben wahrgenommen, dass nicht wenige Ratsmitglieder große Vorbehalte
gegen eine Neubefassung mit diesem Thema äußern. Gleichwohl werden
Argumente und Fakten in den Raum gestellt, die für Nichteingeweihte und
Ratsmitglieder, die an den zurückliegenden Entscheidungsprozessen nicht
persönlich teilgenommen haben, ein vermeintlich eindeutiges Bild der Angelegenheit
zeichnen. Dazu gehören Aussagen wie: Eine Namensänderung würde die Stadt
Kreuztal viel Geld kosten oder wäre vertragsrechtlich gar nicht möglich.
Wir nehmen andererseits auch wahr, dass es Kreuztaler Bürgerinnen und Bürgern,
Schülerinnen und Schülern dieses Gymnasium und deren Eltern und auch
Mitgliedern des Schulkollegiums Probleme bereitet, sich mit diesem Schulnamen zu
identifizieren und indirekt mit der damit verbundenen Problematik in Berührung
gebracht zu werden.

Wir gehen davon aus, dass sich alle Ratsmitglieder moralisch von dem in der NS-Zeit begangenen Unrecht des Namensgebers und Förderers unseres Gymnasiums distanzieren und legen Wert darauf festzuhalten, dass wir mit dieser Anfrage nicht diejenigen an den Pranger stellen möchten, die vor ca. 20 Jahren für die Beibehaltung des Namens votiert oder aktuell dagegen ausgesprochen haben.

Wir möchten aber einen Beitrag zu einer sachlichen und auf Tatsachen beruhenden
Auseinandersetzung leisten. Wir sehen den Bedarf, den Konflikt um die Namensgebung zu lösen, um auch für zukünftige Generationen ein unbelastetes Lern- und Arbeitsklima der Schule zu ermöglichen.

Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie um Beantwortung folgender Fragen:

  1. In der aktuellen Diskussion wird angeführt „eine Namensänderung käme die Stadt Kreuztal teuer zu stehen". Aus diesem Grunde bitten wir um Auskunft ob eine heute noch wirksame vertragliche Bindung vorliegt, die die Rückzahlungder 1968 in die Errichtung der Schule eingeflossenen Spenden (nach unsererKenntnis in Höhe von damals 3 Mio. DM) im Falle der Namensänderung unabweisbar zur Folge hätte. Soweit uns bekannt, wurden die Gelder aus fünf verschiedenen Firmen aus dem Flick-Konzern angewiesen, die später an neue Besitzer veräußert wurden und zumindest heute alle nicht mehr in der alten Rechtsform existieren.Falls ein solcher Vertrag vorliegt, bitten wir darum, uns diesen zur Kenntnis zu geben und darüber Auskunft zu geben, ob, an wen und zu welchen Konditionen das Geld in diesem Falle zurückzugeben wäre.
  2. Erwähnt wurde 1988 in einem Interview vom damaligen Bürgermeister eine Garantie-Erklärung, die 1969/1970 abgegeben worden sei und die besage: „für alle Zeiten heißt es: Friedrich Flick-Gymnasium" (Quelle WDR Interview 28.03.88) 
    In welcher Form existiert eine solche Garantieerklärung und wie ist sie juristisch zu bewerten?
  3. Lt Aussage des BM aus 1988 „hat Friedrich Flick nie die Bedingung gestellt, dieses Gymnasium muss Friedrich-Flick-Gymnasium heißen, sondern dass sei eine Entscheidung der Amtsvertretung gewesen." Interpretieren wir das richtig, dass unter diesen Umständen im Umkehrschluss ein Umbenennungsbeschluss des Rates heute durchaus juristisch zulässig wäre?
  4. aus dem Jahr 1988 vor, die besagt, dass das Gymnasium 1969 als privates Gymnasium der Friedrich-Flick-Stiftung gegründet worden sei, weil sich das Land und die Stadt damals nicht in der Lage gesehen hätten, die erforderlichen Mittel dafür aufzubringen. Später habe dann die Stadt Kreuztal einen Vertrag mit der Flick-Stiftung geschlossen und das Gymnasium in städtische Trägerschaft übernommen. Im Vertrag sei festgelegt, dass der Name der Schule nicht geändert werden dürfe.Des Weiteren liegt uns eine Aussage des Kultusministers des Landes NRW
    Eine Namensänderung würde also eine Änderung des Vertrages zwischen der Stadt und der Stiftung voraussetzen.
    Sofern dies so zutrifft: Auf welcher Basis wäre heute mit welchen Ansprechpartnern gegebenenfalls über eine Namensänderung zu verhandeln?

    Neben der Spende zur baulichen Errichtung des Gymnasiums fließen auch heute noch jährliche Mittel zur Förderung unser städtisches Gymnasium bzw. einzelne seiner Schüler aus der Dr. Friedrich Flick-Stiftung, deren Verwaltung der Stadt Kreuztal obliegt.

Dazu bitten wir folgende Fragen zu beantworten:

  1. Ist die Namensgebung der Schule unauflösbar mit der Existenz dieser Förderstiftung verknüpft?
  2. Falls ja, wäre die Stadt Kreuztal in der Lage ihre Aufgaben als Schulträgerin auch ohne diese Förderstiftung nachzukommen?
  3. Falls Namensgebung und Stiftung sich gegenseitig bedingen - welche Schritte wären unabweisbar notwendig um sich aus dieser Verpflichtung zu lösen?
    Wer wären unsere Ansprechpartner im Falle einer gewünschten Vertragsänderung?
  4. Ist hier zu unterscheiden zwischen einem Stiftungsvertrag und der Stiftungssatzung deren Änderungen ja von der Stiftungsaufsichtsbehörde zu genehmigen sind?
  5. Ist es richtig, dass im Falle einer Auflösung der Stiftung das Stiftungsvermögen laut Stiftungssatzung an die Stadt Kreuztal fällt, die dieses dann gemeinnützig zu verwenden hätte?

Mit freundlichen Grüßen
Anke Hoppe-Hoffmann,
(Fraktionssprecherin)

Die vorläufige Antwort auf diese Anfrage erhielt unsere Fraktion in der Ratssitzung am 6. Juni 2008.
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